Schifffahrt
Altwarp ist nicht nur ein altes Fischerdorf, es ist seit frühen Jahren mit der Seefahrt verbunden. Das merkt man schon bei einem Gang über den Friedhof. Der Friedhof mit seinen historischen Gräbern erzählt wie kein anderer die Geschichte Altwarps auch als Seefahrerdorf. Die Besucher dort können alte Kapitänsgrabsteine von Schiffskapitänen entdecken.
Anders als in der "Großen" Fahrt waren die Kapitäne früher auf den Küstenschiffen häufig zugleich auch die Eigner. Seemännisches Können, Geschäftstüchtigkeit und Sparsamkeit zählten zu den wichtigsten Eigenschaften, um im harten Konkurrenzkampf bestehen zu können. Wer als Junge, Matrose oder Steuermann auf einem Küstenschiff anheuerte, durfte nicht gerade mit komfortablen Unterkünften, üppigem Essen und einer guten Heuer rechnen. Stattdessen war harte Arbeit zu leisten – auf See genauso wie beim Laden und Löschen im Hafen.
Um die vorige Jahrhundertwende transportierten einige tausend kleine und kleinste Küstensegler verschiedener Typen landwirtschaftliche Güter, Kohle, Ziegelsteine, Holz und Dinge des täglichen Bedarfs von kleinen und größeren Häfen bis in die entlegensten Winkel der Ostsee. Als der Swinemünder Hafen ausgebaggert war, übernahmen 10 Leichterschiffe aus Altwarp (1751) die Waren und beförderten sie nach Stettin. Altwarper Kapitäne befuhren auch die großen Meere und brachten Reichtum ins Dorf. Von bis zu acht Seeschiffen ist 1862 die Rede. Altwarper Fluss-Schiffer beförderten mit Kähnen schwere Frachten auf der Oder in Richtung Schlesien oder Böhmen hinauf.
So dürften viele Altwarper sich ein bescheidenes Auskommen erarbeitet haben. Den Wettbewerb im Nahtransport verlor die Kleinschifffahrt noch vor dem Ersten Weltkrieg gegen die wie Pilze aus dem Boden sprießenden Kleinbahnen. Die lokalen Bahnen mussten sich letztlich dem Lastkraftwagen geschlagen geben. Bei längeren Distanzen und größeren Mengen konnte sich die Küstenschifffahrt rund ein Jahrhundert bestens behaupten. Die Schiffe wurden größer, Holz als Schiffbau-Material wich dem Eisen und dieses bald dem Stahl. So fand auch die Küstenschifferei in Altwarp ihren Niedergang. Kleine Motoren dienten zunächst als "Flautenschieber". Mit zunehmender Entwicklungsreife übernahmen sie mehr und mehr den Hauptantrieb. Aus Seglern entstanden Motorsegler, bis ab Mitte der 1930er Jahre nur noch reine Motorschiffe gebaut wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg präsentierte sich die deutsche Küstenschiffsflotte klein und hoffnungslos überaltert und die wenigen Neubauten wurden Kriegsverluste oder alliierte Beute. Die noch verbliebenen Werften bauten Fischereiboote oder gaben auf.
Aus alten Unterlagen und historischen Aufzeichnungen geht hervor, dass der Schiffsverkehr im Stettiner Haff stark ausgebaut war. Allein im Nachbarort Neuwarp gab es drei Bootswerften. So schreibt die Chronik, dass es um 1751 verschiedene Schiffswerften auch in Altwarp gegeben haben soll. Erwähnt sind um die gleiche Zeit:
9 Leichter zu 20 Lasten
1 Leichter zu 15 Lasten
6 Holzschiffe zu 20 Lasten
1 Holzschiff zu 45 Lasten
1 Holzschiff zu 35 Lasten
und 1 Holzschiff zu 20 Lasten erwähnt.
1862 sind 8 Segler zu 1000 Lasten und 80 Mannschaften erwähnt und die Flußschifffahrt wird mit 14 Fahrzeugen zu 187 Lasten angegeben.
Leichter, Lichter, Leichterfahrzeuge (Leichterschiffe, Lichterschiffe, Bordinge, Prähme oder Schuten), kleinere Fahrzeuge, welche die Ladung aus Schiffen zur Überführung an das Land aufnehmen.
Die Leichter wurden hauptsächlich zur Bewältigung der Warenströme von und nach Stettin eingesetzt, da zur damaligen Zeit keine direkte Verbindung zwischen Ostsee und Stettiner Haff bestand und das Fahrwasser der Swine für Seeschiffe zu flach war. Erst mit einem Kanalbau änderte sich der Zustand. 1875 bis 1890 wurde eine 12 Kilometer lange Schifffahrtstraße - die Kaiserfahrt - mit einer Wassertiefe von etwa zehn Metern von Swinemünde in das Stettiner Haff gebaut. Sie begünstigte die Schiff-Fahrt zwischen der Ostsee und Stettin (Szczecin) erheblich und trug zu einem starken wirtschaftlichen Aufstieg Stettins bei.
Des Weiteren fuhren Altwarper Schiffer, Bauholz und Brennholz, welches in der Ueckermünder Heide geschlagen wurde, bis nach Stralsund, Holstein und Kopenhagen. Außerdem wurden Ziegelsteine aus der Vielzahl der um das Haff existierenden Ziegeleien und Steinkohle in die entlegensten Winkel transportiert.
Mit der Entwicklung der Eisenbahn, Erweiterung des Straßennetzes und der technischen Entwicklung der Antriebsmaschinen verlor die Schifffahrt im Stettiner Haff und die Fluss-Schiff-Fahrt ihre Bedeutung.
Ein Zeitzeuge aus den 1920er Jahren war das Segelschiff namens "Elise". Herr Fritz Gäde aus Hamburg übermittelte folgende Schiffsdaten über das ihm bekannte Segelschiff. Auch ein Zeitzeuge in Altwarp konnte noch ausfindig gemacht werden.
Der Altwarper Gerhard Krüger, ein Enkel des 1952 verstorbenen Schiffers, konnte sich noch gut an seinen Großvater, vor allem dessen Befürchtungen, und das Schiff erinnern.
"… Du bist zu langsam mit Deinem Schiff, Du bist zu langsam!“ - bekam er ständig von seinem Charterer zu hören. Und so baute er sich einen Gasmotor ein. Der Einbau, die Instandhaltung und Wartung überstiegen aber seine finanziellen Möglichkeiten. Er ging „Pleite“!
Und so wurde die Elise in der Nähe Stettins, bei Grabow in einem Seitenarm festgelegt. Wie Herr Krüger erzählte, fuhr man auf dem Wege nach Stettin noch oftmals an dem Schiff vorbei. Eines Tages aber hatte sie Schlagseite. Das weitere Schicksal ist unbekannt. Sicher wird es in dieser Zeit tausenden Schiffen so ergangen sein.
Angaben zum Schiff:
ELISE, Unterscheidungssignal JGCD
Gaffelschoner aus Eiche mit eichenen Innhölzern, buchenem Kiel und verzinkten Eisenbolzen, nach Vorschrift von Bureau Veritas gebaut
gebaut 1909 von Leopold Fünning in Neuwarp
Vermessung: 51,19 BRT 39,34 NRT, amtl. Abmessungen: 19,99 x 5,86 x 1,98 m, erhöhtes Quarterdeck 4,50 m
3 Mann Besatzung
1909 Neubau für Kapt. Eduard Krüger, Altwarp, geb. 1879
1926 Einbau eines Explosionsmotors der Fa. Deutsche Werke A.G., Kiel 2 Tkt 2 Zyl. 28 PS
1934 neues US: DAMJ
1936/37 vkft. an Kapt. Artur Oelrichs, Altwarp, 1938 noch verzeichnet, 1939 nicht mehr. Weiteres Schicksal unbekannt.
Für L. Fünning lassen sich bis 1913 noch drei weitere neue Schoner nachweisen:
1911 ERNA, 59 BRT, Kpt. O. Wendt, Pruchten
1911 HEDWIG, 40 BRT, Kpt. E. Meister, Ueckermünde
1913 POLARIS, 67 BRT, Kpt. C. Steinbrinck, Seedorf/Rügen
Im Jahre 1932 heuerte ein Gustav Gaede auf der Elise als Moses (Schiffsjunge) an. In einem Brief, der noch erhalten ist, schildert er die harte und aufopferungsvolle Arbeit an Bord.
Unterkünfte
Urlaub machen am Stettiner Haff.
Badestrände
Mit der Familie in den Badeurlaub in Altwarp.
Leben in Altwarp
Der schöne Nord-Osten, Leben am Stettiner Haff.